Plattformpreis 2009

Anlässlich der Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten „Stadt im Wandel - Stadt der Ideen“ im Oktober im KAP-Forum in Köln haben - wie bereits in den Jahren zuvor - die Besucher der KAP-Ausstellung auch über den Plattformpreis für die fragwürdigste Architektur 2009 entschieden.

Drei innerstädtische Berliner Immobilien gingen dabei als Anwärter ins Rennen:

1) Humboldt-Zentralbibliothek "Jacob- und Wilhelm-Grimm-Zentrum" in Berlin Mitte

2) Spreedreieck, Bürokomplex neben dem Bahnhof Friedrichstraße in Berlin Mitte

3) Upper Eastside, Geschäftshaus Ecke Friedrichstr. / Unter den Linden in Berlin Mitte

Den Plattformpreis 2009 für die fragwürdigste Architektur in Berlin erhielt mit 38% der abgegebenen Stimmen die Humboldt-Zentralbibliothek "Jacob- und Wilhelm-Grimm-Zentrum" in Berlin-Mitte; knapp gefolgt mit jeweils 31% der Stimmen vom Bürohaus "Spreedreieck" neben dem Bahnhof Friedrichstraße und dem Geschäftshauskomplex "Upper Eastside", Ecke Friedrichstraße / Unter den Linden.

Zitat von Tilman Birr zur Humboldt-Zentralbibliothek "Jacob- und Wilhelm-Grimm-Zentrum"
Martin Mosebach hält im Tagesspiegel vom 20. Juli 2010 unter dem Titel "Brunnen des Wissens / Eine Hommage an die neue Bibliothek der Humboldt-Universität" Elogen auf das Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, die neue Zentralbibliothek der Humboldt-Universität. Er verkennt jedoch, dass die Bibliothek für Studenten ein Ärgernis ist, weil sie die Hälfte der Sitzplätze für einen architektonischen Gag opfert. Die Arbeitsplätze sind ab zehn Uhr belegt, wer bis zwölf Uhr im Seminar sitzen muss, hat Pech gehabt. Die Situation hat sich seit der Eröffnung der neuen Bibliothek für die Studenten nicht verbessert, sondern verschlechtert, dafür aber mit Terrassen und Mosebachs Indienassoziationen. "Einen Tempel hat Max Dudler gebaut", schreibt Mosebach. Richtig! Eine Bibliothek hätte er bauen sollen. Es scheint ein Trend zu sein, Bibliotheken nicht mehr für Studenten sondern als Prestigeobjekt zu bauen. Die Philologische Bibliothek der FU ist zwar ein architektonisches Vorzeigeobjekt (Architekt: Lord Norman Foster!), hat aber ebenfalls zu wenig Sitzplätze, weshalb am Wochenende sogar Einlasskontrollen durchgeführt werden: für Nicht-FUler kein Zutritt. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Staatsbibliothek schlauer war und ihren Lesesaal Unter den Linden, der 2011 eröffnet werden soll, auch als Lesesaal baut und nicht als Freizeitvergnügen für Architekturfreunde.

Die recht ausgewogene Stimmverteilung auf die Anwärter für den Plattformpreis 2009 hat die Plattform Nachwuchsarchitekten dieses Jahr ziemlich überrascht. Die kritischen Begründungen der Wähler verteilten sich ziemlich gleichmäßig auf die drei Neubauten. Zum Beispiel schrieben die Besucher des KAP-Forums in Köln auf ihre Wahlzettel, dass die Humboldt-Zentralbibliothek ihnen zu wuchtig und "wie ein Gefängnis" erschiene, das "Spreedreieck" wurde u.a. als "Investitions-Gurke" und unsensibles Bauwerk für diesen prominenten Ort gewertet und das "Upper Eastside" als "ohne Inspiration" bezeichnet.

Architektur geht alle an. Keiner kann sich seiner gebauten Umwelt entziehen. Deshalb danken die Plattform Nachwuchsarchitekten den Besuchern des KAP-Forums herzlich für ihre Teilnahme an der Bewertung der drei Anwärter für den Plattformpreis 2009. Ein Ansporn für Architekten und Planer, die städtebauliche Einbindung und Architektur für ihr jeweiliges Umfeld stetig zu verbessern.